Klinische Studien in der eigenen Arztpraxis – das sollten Sie darüber wissen

Magna Med Studien

Zulassungsstudien für neue Medikamente sind nicht nur in großen Kliniken möglich. Auch für niedergelassene Ärzte mit eigener Praxis kann die Arzneimittelforschung ein attraktives Betätigungsfeld sein. Voraussetzung hierfür sind neben Interesse und Leidenschaft auch ausreichend Patienten mit der entsprechenden Indikation und das Erfüllen diverser organisatorischer Anforderungen.

Um die therapeutische Wirksamkeit neuer Wirkstoffe bzw. Arzneimittel vor einer Marktzulassung abzusichern, bedarf es zwingend kontrollierter Fall-Kontroll-Gruppenvergleiche (Phase-III-Studien) mit einigen hundert Patienten. Die meisten dieser Untersuchungen werden durch pharmazeutische Unternehmen initiiert. Prüfärzte können entsprechende Studien aber auch selbst in die Wege leiten (Investigator initiated Trials, IIT). Finanziert werden diese entweder aus öffentlichen Mitteln, über Vereine und Stiftungen oder durch die Industrie.

Welche Vorteile bieten klinische Studien in der eigenen Praxis?

Die meisten klinischen Studien werden an großen Kliniken durchgeführt. Für die Probanden hat das oft den Nachteil, dass sie häufige und lange Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen. Viele entscheiden sich ob des erheblichen Aufwands von vornherein gegen eine Teilnahme. Andere brechen vorzeitig ab, weil sie durch die damit verbundene Mehrbelastung den Nutzen für sich selbst aus den Augen verlieren. Auch das Verteilen von Studien auf mehrere Prüfzentren schafft diesbezüglich nur bedingt Abhilfe.

 

Niedergelassene Ärzte, die sich an der Durchführung klinischer Studien beteiligen, können nicht nur Erfahrungen mit innovativen Behandlungsmethoden sammeln und sich ein zweites, kassenunabhängiges Standbein aufbauen. Sie haben auch die Möglichkeit, ihren Patienten sehr früh selbst neue Therapieoptionen anzubieten. Durch die Wohnortnähe sind diese auch eher bereit, sich als Probanden zur Verfügung zu stellen. Das kommt wiederum der Forschung zugute.

Welche Voraussetzungen müssen Arztpraxen für die Studienteilnahme erbringen?

Die allgemeinen Voraussetzungen für die Durchführung klinischer Studien regelt das Arzneimittelgesetz (§ 40 AMG). Dazu gehört, dass eine Ethikkommission den wissenschaftlichen Untersuchungen zugestimmt haben muss und alle Beteiligten die Anforderungen der ICH/GCP Richtlinie befolgen. Zudem ist zu gewährleisten, dass das Studienprotokoll eingehalten wird.
Arztpraxen unterliegen diesbezüglich denselben Anforderungen wie Kliniken. Als Studienarzt müssen Sie beispielsweise Ihre Prüferqualifikation gegenüber den zuständigen Behörden und der Ethikkommission nachweisen. Außerdem müssen Sie ein aktuelles GCP-Zertifikat sowie einen Lebenslauf vorlegen, aus dem sich Ihre Studienerfahrung ablesen lässt. Da die meisten Studien in englischer Sprache publiziert werden, sind meist auch gute Englischkenntnisse erforderlich.

Die Studie selbst muss vorab vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder – bei biomedizinischen Arzneimitteln und Impfstoffen – vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) genehmigt worden sein. Zudem ist es wichtig, die Aufgabenverteilung klar zu regeln. Es empfiehlt sich beispielsweise, dass eine zur Studienassistentin (Study Nurse) weitergebildete Mitarbeiterin oder ein entsprechender Mitarbeiter die Durchführung klinischer Prüfungen begleitet und überwacht und Antworten auf organisatorische Fragen geben kann.

Studienunterlagen müssen separat verwahrt werden. Die Studienmedikation ist ebenfalls getrennt von allen anderen in der Arztpraxis befindlichen Arzneimitteln aufzubewahren. Handelt es sich um kühlpflichtige Medikation, ist ein gesondertes Kühlgerät erforderlich. Zudem dürfen sowohl die Studiendokumente als auch die Studienmedikamente ausschließlich dem Studienpersonal zugänglich sein. Idealerweise verfügt die Praxis über einen extra Raum, in dem auch die Probanden und Klinische Monitore (Clinical Research Associates, CRA) empfangen werden können.

Welche Herausforderungen bringen klinische Studien für die Arztpraxis mit sich?

Klinische Studien haben eine völlig eigene Struktur, die sich erheblich von den normalen organisatorischen Gegebenheiten in der Arztpraxis unterscheidet. Sie sind gekennzeichnet durch einen weitgehend formalisierten und detaillierten Prüfplan, dessen Ablauf streng festgelegt ist. Alle notwendigen Untersuchungen der Probanden müssen in den vorgegebenen Zeiträumen durchgeführt werden, unabhängig davon, wie voll der Terminkalender gerade ist. Unter Umständen kann diese Aufgabe pro Person mehrere Stunden an Arbeitszeit beanspruchen.

Aufgrund des erhöhten Aufwands ist es kaum möglich, Studien neben dem normalen Regelbetrieb einer Arztpraxis zu realisieren. Zu beachten ist außerdem, dass nur Sie als Studienarzt oder ein Stellvertreter mit vergleichbarer Qualifikation Studienvisiten durchführen dürfen. Teilaufgaben können von den Studienassistenten nach einer vorab festgelegten Verantwortlichkeitsliste erledigt werden.

Weitere Herausforderungen betreffen den Arbeitsaufwand. Finden in einer ohnehin schon ausgelasteten Praxis zusätzlich Studien statt, sind Zeitdruck und Parallelarbeit vorprogrammiert. Das kann zu Fehlern führen, beispielsweise beim Aushändigen von Prüfmedikation oder wenn ein Patient um eine Terminverlegung bittet, ohne zu sagen, dass er als Proband an der Studie teilnimmt.

Fazit: Studien eröffnen neue Möglichkeiten, fordern aber auch viel Zeit und Engagement

Mit der Teilnahme an klinischen Studien eröffnen sich Arztpraxen ganz neue Möglichkeiten. Es winken nicht nur zusätzliche Einnahmen, sondern auch ein breiteres Behandlungsangebot und daraus resultierende Marketingeffekte. Jedoch sollten Sie den Aufwand nicht unterschätzen. Zum einen muss Ihre Praxis die erforderlichen Zeit- und Platzkapazitäten bereitstellen und über eine geeignete technische Ausrüstung verfügen. Zum anderen sollte es unter Ihren Stammpatienten ausreichend viele Patienten geben, die den indikationsspezifischen Einschlusskriterien entsprechen.

Zu bedenken ist, dass klinische Studien äußerst komplex sind. Sie erfordern ein großes Engagement vom gesamten Praxisteam. Es reicht nicht, nur Untersuchungen zu machen. Untersuchungsergebnisse müssen auch ausführlich und zeitaufwendig dokumentiert werden. Was nicht aufgezeichnet wurde, gilt als nicht erledigt. Diese nicht erledigten Daten dürfen Sie nicht in die Auswertung einbeziehen. Damit wäre nicht nur ein Teil Ihrer Arbeit umsonst, die Studie hätte auch eine verminderte  Aussagekraft.

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